Setter als Vorstehhunde

 

     

                 

 

                           Cosima beim Vorstehen

 

 

 

Der Setter als Jagdhund

 

 

 

Ich bin Inhaber eines Jagdscheins und lehne die Jagd nicht ab. Eine uralte Tradition, die für den Menschen das Überleben sicherte, kann man nicht in Frage stellen.

 

Ich hatte das Glück im Jagdrevier meines Freundes Kurt in Achern etwas Einzigartiges  zu erleben: ein intaktes Biotop mit Fasanen, Rebhühnern, Hasen und auch Rehwild. Ich war geblendet, soviel  Natur, so viel Ausgewogenheit.

 

Und wenn ein Stück Wild nach einem Leben in Freiheit auf dem Teller lag, war das aus ethischer Sicht nicht verwerflich, die Massentierhaltung als größter Fleischproduzent ist aber ein Verbrechen.

 

Ähnliche Erlebnisse hatte ich auch im Jagdrevier meines anderen Freundes Günter in Epfenbach. Seine legendäre Jagdhütte mitten im Wald war der Innbegriff von Einvernehmen zwischen Mensch und Natur.

 

Unsere Setter waren immer dabei. Ihre herrlichen Vorstehposen waren ein Genuss und wenn ein Fasanenhahn „beleidigt“ sich mit einem Schrei in den Himmel bohrte und abstrich, wenn die Hunde ihm zu nahe kamen, kehrte er kurze Zeit an seinen Standort zurück und die Welt war wieder in Ordnung.

 

Das alles hätte  gereicht.

 

Aber da war noch ein anderer Bereich, viel gnadenloser und irrwitziger als die Jagd: die Jagdhundeprüfungen.

 

Wäre ich doch mit diesem  groben Unfug nie in Berührung gekommen.

 

Ausgebildete Hunde bei der Jagd einzusetzen ist zwingend notwendig, dies in erster Reihe um zu verhindern, dass ein Stück erlegtes Wild elend verendet.

 

Leider gibt es das typische Wild für den Vorstehhund schon lange nicht mehr und wenn es noch in wenigen Biotopen vorhanden ist, dann in geringer Stückzahl, so dass es ein Sakrileg wäre es zu erlegen.

 

Jährlich aber werden in Europa zur Ausbildung der Vorstehhunde tausende Rebhühner und Fasanen ausgesetzt.

 

Die Tiere werden in Volieren gezüchtet und sind kaum in der Lage zu fliegen. Oft werden sie von den übermotivierten Hunden gerissen.

 

Noch trauriger ist das Schicksal der Wachteln. Diese Vögel haben mit vier Wochen ein voll entwickeltes Federkleid und stehen so zum Kauf zur Verfügung. Sie werden als „Ersatzwild“ für die Jagdhundeausbildung verwendet. Ihr erster Versuch die Flügel einzusetzen ist gleichzeitig ihr letzter.

 

 

 

Wozu das alles?

 

Um Vorstehhunde auszubilden für welche es kein natürliches Wild mehr gibt und die auch zu ihrem ursprünglichen Zweck nicht eingesetzt werden?

 

Es ist ein Nonsens.

 

Die Hunde werden nicht für die Jagd ausgebildet sondern für die Prüfungen.

 

Die Gewinner bei diesen Sportveranstaltungen sind keine Irish Setter sondern eine Züchtung aus mehreren englischen Vorstehhunderassen,  hell im Fell und nur noch auf Entfernung einem Setter ähnlich, kleine nervöse Renner mit ausgezeichneter Nase. Sie rasen über die Felder oft von einem  Berufstrainer  ausgebildet und geführt und sie haben am „Trainingswild“ gelernt dieses nicht zu greifen, sondern in perfekter Manier vorzustehen.

 

Ein schönes Bild, wenn nicht vorher zahlreiche Vögel das Training nicht überlebt hätten.

 

Hundesport mag eine schöne Beschäftigung sein, doch dies nicht auf Kosten von unschuldigen Kreaturen.

 

Am Schlimmsten aber sind die Laien, die einen stolzen  richtigen Setter von guter Größe mit einem schönen Haarkleid an der Leine haben und die für ihren Liebling alles tun möchten, um ihm ein artgerechtes Leben zu garantieren.

 

Sie machen alles mit für einen Prüfungserfolg mit einer Punktzahl im untersten Bereich, obwohl ihr Setter jagdlich nie zum Einsatz kommen wird. 

 

 

 

Und die Perversität geht noch weiter. Für die Herbstprüfungen müssen Unmengen Enten daran glauben. Getrocknet, tiefgefroren und öfter aufgetaut wird der Hund mit drakonischen Methoden dazu gebracht, diese zu apportieren.

 

In der Zwischenzeit wurden diese toten Tiere für erfinderische Verkäufer zu einem lukrativen Geschäft im Internet. 

 

 Für spezielle Prüfungen werden eingefrorene tote Füchse aufgetaut und die Haare trockengeföhnt, da  die Hunde diese übelriechenden Kadaver sonst nicht in den Fang nehmen.

 

Keiner dieser Hunde wird je eine erlegte Ente apportieren, geschweige einen Fuchs, da in letzterem Fall die Tollwutgefahr viel zu groß ist.

 

Und wenn die Hunde nicht schwimmen wollen, da sie das feuchte Element nicht kennen, werden sie mit Seilen über Bäche gezogen, um mit dem Wasser vertraut zu werden. 

 

Wozu dieses ganze kranke Theater?

 

Wer glaubt dadurch seinem Setter  etwas Gutes zu tun, der irrt sich gewaltig.

 

Wenn der Hund beim Spaziergang  Fasanen, die es glücklicherweise wieder häufiger gibt,  vorsteht  oder in Ermangelung natürlichen Wildes einer Amsel oder am Strand einer Möwe kann der Besitzer seinen Hund unterstützen, indem er sich sachte ihm nähert, ihn beruhigt und am Halsband festhält, bis das „Wild“

 

 das Weite sucht. Wenn der Setter in einem Teich einer Ente oder einem Teichhuhn freiwillig hinterherschwimmt  hat er dabei einen Riesenspaß, obwohl er es seine vermeintliche Beute nie erwischen wird.

                                           

 

                                        Amie Fleur

 

Solche  profane „Jagderlebnisse“ ohne Dressur und Zwang vermitteln dem Setter  auch das Gefühl mit seinem Besitzer zusammen etwas Einzigartiges zu erleben.

 

 

 

Was aber für einen Setter unentbehrlich ist, ist die Bindung an den Menschen, dessen Nähe und Geborgenheit.

 

 

 

          Kluge Vorstehhunde oder rennende Gespenster

 

Zwei hoch dekorierte Richter schreiten über ein Weizenfeld. Ein unscheinbarer, kleinwüchsiger Setter zieht im „Affentempo“ seine Schleifen, er überläuft Hühner, die ablaufen, den Richtern fällt es nicht auf, der Hundeführer ignoriert es natürlich.

 

Der Hund bekommt auch ohne Vorstehleistung für die „hervorragende“ Suche einen zweiten Gang angeboten.

 

Ein weiterer Hund von mittlerer Größe arbeitet im normalen Tempo, sucht sich den Wind, hält Kontakt zum Führer. Ausgeschieden: mangelnder Suche.

 

                                            

 

                                                              Hazel beim Vorstehen

 

 

 

Nach  fast vierzig Jahren Beschäftigung mit Vorstehhunden haben mich  zwei Dinge stets sprachlos gemacht:

 

Die herrliche Anlage der Hunde, die  in einer solch  wundervollen Pose urplötzlich Wild vorstehen                                                                           

 

und

 

die Dummheit vieler Hundeführer, Ausbilder und Richter, die diesen Vorgang nicht  verstehen und einordnen können.

 

Ich verschone Sie mit einem Vortrag über die Komplexität der Geruchsorgane beim Hund und die Bedeutung des Jakobschen Organs in der Geruchswahrnehmung. Dies ist alles in jedem Lehrbuch für Zoologie nachzulesen.

 

Es ist auch allgemein bekannt, dass der Hund über 220 Millionen  Riechzellen verfügt,  der Mensch gerade mal über 5 Millionen.

 

Was aber die wenigsten wissen, die angeblichen Fachleute aber wissen sollten:

 

Riechzellen reagieren  nur kurz (oft nur Sekunden) auf einen bestimmten Duft, selbst wenn dieser länger angeboten wird. Die Riechzellen werden danach „stumm“, man spricht von Adaption. Der Hund versucht durch Pendelbewegungen oder Schnüffelstöße diesen Vorgang zu umgehen, aber oft nimmt er  ihn dennoch  mehr sofort wahr.

 

Er bräuchte eine „Geruchspause“ um sich zu orientieren, um so die betreffenden Geruchsrezeptoren neu anzuregen.

 

Bei den Prüfungen ist aber ein  rasantes Suchtempo gefragt, dies ermöglicht es  dem Hund nicht, sich neu zu sortieren und die Reizrezeptoren wieder zu aktivieren.

 

Der Setter  rennt wie ein Windhund über das Feld, überläuft Wild, da seine Riechzellen u. U. stumm sind und wenn er  Glück hat, werden bei weiterem Wildbesatz seine Riechzellen wieder mit Duftstoffen stimuliert und es erfolgt das Signal zum Gehirn, das das Vorstehen bewirkt.

 

(Die angeblich ganz elitären Importe aus Irland verzichten dann auf das Vorstehen und werfen sich einfach zu Boden. Vorliegen nennt sich dieser zweifelhafte Vorgang, aber  Hauptsache er zählt bei der Punktvergabe.)

 

Ich habe aber auch  Hunde „mit der Nase im Wind tanzen sehen“ auf der Suche nach neuen Geruchseindrücken, eine einmalige Vorstellung. Doch dies geht nur, wenn der Hund selbständig arbeiten, d. h. sich orientieren kann.

 

Das  närrische Rennen - oft einen Kilometer in die Tiefe und dann wieder zurück-  hat nichts mit der Arbeit eines Vorstehhundes zu tun, denn in Wirklichkeit ist nur „Rennleistung“ gefragt.

 

Das sind keine Jagdhunde, sondern Prüfungsteilnehmer im Hochleistungssport mit schnellfüßigen Hundeführern in Turnschuhen, damit sie zum Hund sprinten, wenn er am Horizont vorsteht.  Die Devise lautet natürlich: immer schneller, immer weiter.

 

Und die unbedachten Leser fragen sich, was an diesen Sportprüfungen falsch sei, wenn sie so viel Spaß machen?

 

Die Antwort ist einfach: Gar nichts, wenn es ein reines Sportvergnügen wäre, gäbe es da nicht noch einen traurigen  Part in diesem Spiel:  die vielen Fasanen und Rebhühner.

 

 

 Wilde Rothühner in der Camargue

 

Sie werden in Volieren gezüchtet und vor der Prüfung ohne Flugerfahrung nach stundenlangen Transporten erschöpft ausgesetzt. Es sind Lebewesen, herrliche Vögel und der Mensch hat kein Recht, sie grundlos als Sportvergnügen dem Raubzeug zum Fraß vorzuwerfen.

 

Diese Tiere haben keine Lobby und es gibt niemanden, der für diese Geschöpfe auf die Straße geht. Doch auch das wäre Schutz unserer Umwelt.

 

 

 

Sind schöne Hunde auch Jagdhunde?

 

 

 

Bei vielen Jagdhunderassen ist die Diskrepanz zwischen Aussehen und Leistung für Laien nicht erkennbar. Ein Drahthaar ist ein Jagdhund, der einen korrekten Körperbau hat, für die Arbeit gezüchtet ist und nebenher auch seine Rolle als Familienhund meistert.

 

Bei den Englischen Vorstehhunden rückt  durch ihre Beliebtheit  als Begleithund das Äußere immer mehr in den Vordergrund und die Diskrepanz zwischen beiden Phänotypen ist für jeden Laien zu erkennen.

 

Wir sehen „Riesenpointer“ im Ausstellungsring, die vielleicht nie ein Weizenfeld im Frühjahr gesehen haben, wir sehen English Setter aus den USA, massiv und mit Sichelrute, nicht geschaffen für Field Trials.

 

Doch bei keiner Rasse sind die Unterschiede so extrem, wie bei den Irish Red Settern. Deshalb gibt es angeblich bereits Anträge bei der FCI zwecks Trennung in zwei unterschiedliche Rassen.

 

Wenn ein Hundeliebhaber, ob Jäger oder Nichtjäger, einen Setter erwirbt, dann müssen  dessen Attribute auch vorhanden sein: edler Ausdruck, schönes Haarkleid, dunkles Auge, sanftes Wesen.

 

Bemerkenswert fand ich den Artikel von Prof. Klaus Homann im ES-Clubheft, der darauf hinwies, dass auch ein Jagdhund einen beträchtlichen Teil seines Lebens als Familienhund verbringt. 

 

Wie gerne sehe ich die reinen Leistungshunde bei  einer schnellen  Suche  im Frühjahr. Bei den meisten fällt es mir aber schwer, sie als Zuchtrichter zu beurteilen. Die gleichen Probleme habe ich jedoch auch bei  „Riesen-Roten“ mit steiler Schulter und massig Haaren.

 

Schuld an diesem Sachverhalt sind die Übertreibungen des Äußeren bei der Formzucht und die Ignoranz jeder Ästhetik bei der Leistungszucht.

 

Dazu kommen noch die gegenseitigen Vorurteile: Ein guter Jagdhund kann nicht schön sein, ein schöner Hund kann nicht jagen.

Ich habe bei der Ausbildung so viele schöne Hunde von mittlerer Größe mit herrlichen Vorstehmanieren erlebt, die ihrem Partner spontan sekundierten und dies ohne Dressur.

 

 

 

 

              

 

                                                 

 

                                                                     Fenja und Hazel, zwei Könner

 

P. S.:

                              

 

Es ist herrlich einen Jagdhund  zu beobachten, wie er mit der Nase im Wind arbeitet, anzieht und dann steht.

 

In "unserem" Rothuhnparadies bei Maguelone in der Camargue genieße ich diesen Anblick,wenn meine Setter mit ihrer Nase im Wind "tanzen" und plötzlich wie angewurzelt stehen.

 Diese Vögel sind inzwischen für mich heilig geworden, dies durch ihre Schönheit aber auch durch die Seltenheit.    

 Es entstehen herrliche Bilder und jedes Mal, wenn die Hunde zum Stehen kommen,betätige ich den Auslöser meiner Kamera. Herrliche Bilder und kein einziges Huhn wird hochgescheucht. Kein Pfiff, kein Geschrei, nur Stille und Gottvertrauen .

 

    

Wie herrlich kann doch die Welt sein, wenn der Mensch sie nicht aus Dummheit oder falschem Ehrgeiz vernichtet.